Der Status des Politischen in aktueller Kunst und Kultur
Eine Gesprächsreihe mit internationalen KünstlerInnen, AktivistInnen, KuratorInnen und TheoretikInnen
Vom 14. – 16. Januar 2005 findet in den Räumen des Künstlerhauses Bethanien und der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, Berlin, die international besetzte Konferenz »Klartext! Der Status des Politischen in aktueller Kunst und Kultur« statt. Das Projekt hinterfragt den gegenwärtigen Gebrauch der Kategorie des »Politischen« in der zeitgenössischen Kunst und Kultur. Insbesondere seit dem 11. September 2001 und der »Documenta 11« kursiert die Behauptung einer »Repolitisierung« der Kunst, beziehungsweise einer Rückkehr politischer Fragestellungen in das Feld der Kultur und der zeitgenössischen Kunst. Dieser These, die auch als Trend gelesen werden kann, wird in unterschiedlichen Formen in einer Vielzahl aktueller Ausstellungsprojekte und Publikationen Rechnung getragen. Vernachlässigt werden dabei jedoch Fragen, die mit einer solchen Prognose einhergehen müssten. Es wird ein implizites Einverständnis darüber vorausgesetzt, was unter den Begriffen »Kunst« und »Politik«, ihren gesellschaftlichen Funktionen und Wirkungsweisen zu verstehen ist.
Traditionell wird die Beziehung von Kunst und Politik von einem Widerspruch beherrscht: auf der einen Seite steht die Autonomie der modernen Kunst, auf der anderen Seite der Anspruch auf Engagement und gesellschaftliche Relevanz. Es stellt sich jedoch die Frage, inwiefern diese klassischen Gegensätze heute so aufrechtzuerhalten sind. Wie ist es um die Freiheit der Kunst bestellt?
Fest steht, dass künstlerische Werke Zeugnisse kultureller Verhältnisse und gesellschaftlicher Zustände sind, und dass die bildende Kunst zutiefst in die kapitalistischen Marktverhältnisse verwickelt ist. Im Fall der Kunstinstitutionen zwingt der wachsende Effizienzdruck – Stichwort »Rentabilität« – diese dazu, finanziell erfolgreiche Ausstellungsprodukte durchzuführen, um ihre eigene gesellschaftliche Relevanz nachzuweisen. Auch die kulturellen ProduzentInnen unterliegen dem Druck, ihre Berechtigung und Originalität unter Beweis zu stellen. Insofern produziert das neoliberale Kunstsystem immer wieder gewissermaßen gesellschaftlich relevante Kunst.
Aber in welchen Dimensionen bewegt sich eigentlich die gesellschaftliche und politische Relevanz von Kunst? Kommt dem Politischen vielleicht nur eine Alibifunktion zu? Macht es überhaupt Sinn, die Kunst als Artikulationsmittel für gesellschaftliche und politische Anliegen zu nutzen? Welche Formen sollte eine solche Kunst annehmen? Und in welchem Kontext kann sie wirksam auftreten? Haben wir es gegenwärtig wirklich mit einer »Repolitisierung« der Kunst zu tun, oder handelt es sich nicht vielmehr um eine Ästhetisierung politischer Themen und Inhalte? Was genau ist der Wirkungsraum und Rahmen zeitgenössischer Kunst? Wie stellt sich Aktivismus heute dar und in welcher Weise beeinflussen sich Kunst und Aktivismus gegenseitig?
Die Konferenz lädt internationale KünstlerInnen, AktivistInnen, KuratorInnen und TheoretikerInnen nach Berlin ein, um die Modelle »Kunst« und »Politik« und ihre Beziehung zueinander zu diskutieren. Die Wahl des Ausdruckes »Klartext!« bzw. »Klartext reden« als Titel für die Konferenz ist eine direkte Aufforderung an die TeilnehmerInnen und das Publikum, sich mit den genannten Themen und Problematiken auseinanderzusetzen und sich dazu zu positionieren. Ergänzend zur Konferenz bieten vom 17.-20. Januar KünstlerInnen und AktivistInnen Workshops an, in denen die zuvor bei der Konferenz diskutierten theoretischen Modelle erprobt und in konkreten Projekten umgesetzt werden können.
Marina Sorbello, Antje Weitzel